BeitragBip„Reyal Urbis meldet Insolvenz an!“ Diese Meldung schockte den, ohnehin schon angeschlagenen, Immobiliensektor Spaniens. Reyal Urbis hatte Mitte des letzten Jahres bewertete Objekte im Wert von 4,2 Mrd. € im Portfolio, bei einer gleichzeitigen Verschuldungsquote von rd. 86 % (3,6 Mrd. € Verbindlichkeiten) per September 2012. Unter Analysten gilt eine Verschuldungsquote von 60 % als alarmierend. Im aktuell vorliegenden Fall führt das zu dem Verdacht, dass die Reyal Urbis „künstlich“ am Leben gehalten wurde. Folglich ist also Reyal Urbis selbst schuld, dass die Firma pleite ist. Dieser Vorwurf ist schnell „gemacht“, doch ist dass auch gerechtfertigt? Viel werden sagen ja natürlich ist er berechtigt und die Großen (Firmenchefs, Banken) haben sich mal wieder verzockt. Jedoch ist die Vorhaltung nicht ganz fair, analysiert man den Sachverhalt etwas genauer so wird schnell deutlich das Reyal Urbis ein Opfer der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Spanien ist.

Seit dem die spanische Immobilienblase „geplatzt“ ist (Blasen können in jedem anderen Land ebenso „platzen“), sind die Immobilienpreise einem extremen Preisverfall ausgesetzt. Sodas, dass Anlagevermögen von Immobiliengesellschaften in kurzer Zeit rapide an Wert verliert. Im Gegensatz dazu ist zu beachten, dass die bestehenden Verbindlichkeiten eine relativ konstante Größe sind. – Eine Kreditsumme sinkt nicht wenn die Anlagen an Wert verlieren – Gerade im Immobilienbereich gehen derartige Entwicklungen relativ schnell, vor allem wenn in der Nachbarschaft Häuser reihenweise zwangsversteigert bzw. gepfändet werden. Mit anderen Worten man wird in eine regelrechte Sippenhaft genommen, sodas ein Gegensteuern, selbst für „gesunde“ Unternehmen kaum möglich ist. Als Gegenargument kann jetzt angeführt werden, dass die Immobiliengesellschaften ihre Kunden besser überprüfen müssen bevor sie selbigen ein Haus verkaufen und „sehenden Auges“ in die Zwangsversteigerung rennen. Jedoch wird häufig vergessen, dass zum Zeitpunkt des Hauskaufs beim Kunden ein fester Arbeitsplatz und ein geregeltes Einkommen vorhanden ist. Verliert nun der Hauseigentümer seine Arbeit, weil seine Firma Insolvent geht, kann er seine Kreditraten nicht mehr bezahlen (dies geht i. d. R. sehr schnell) und die Häuser werden gepfändet bzw. verkauft. Ab diesem Punkt greift eine simple volkswirtschaftliche Regel „Angebot und Nachfrage regeln den Preis“. Das bedeutet müssen viele Menschen – Es wird beim platzen einer Blase schnell viele „Neuarbeitslose“ geben – ihr Haus aus wirtschaftlichen Gründen verkaufen, steigt das Angebot. Die Nachfrage bleibt hingegen konstant. Im Ergebnis können die wenigen Nachfrager bei vielen Angeboten den Preis „drücken“ und die Häuser verlieren an Wert. Die Immobilienkonzerne werden in der Folge gezwungen ihre Assets geringer zu bewerten, bei gleichbleibender Verschuldung steigt nun die Verschuldungsquote (Damit haben Kreditinstitute und Banken ein Problem). Teilweise steigt diese Quote dann so stark, dass ein Unternehmen überschuldet ist, in die Insolvenz gehen muss und weitere Arbeitslose „produziert“ .

Im Grunde genommen ist dies ein Teufelskreis, denn die Banken werden durch die steigenden Unternehmensinsolvenzen ebenso getroffen. Im ersten Schritt steigt ihr Abschreibungsniveau auf Kredite, was im Extremfall in einem Abbau von Kreditvolumen enden kann und zweifellos in ein Ertragsproblem mündet. Im zweiten Schritt werden ihre Kunden bei Investitionsentscheidungen vorsichtig und entscheiden sich im Zweifel gegen den Kredit. Darüber hinaus ist viel weniger Geschäftspotential vorhanden, da z.B. ein Arbeitsloser gar nicht Kreditfähig ist (Er benötigt das Geld um zu Leben). – Kreditfähigkeit besitzt ein Kunde dann, wenn er in der Lage ist eine Kreditrate von seinem Einkommen zu entbehren – Für ein Kreditinstitut bedeutet das geringere Geschäftspotential weniger Einnahmen und damit ggf. Kostenabbau über Personalabbau. bankensparenStellen Banken weniger Geld für Investitionen zur Verfügung, kann die Wirtschaft nicht mehr wachsen und kein Wachstum oder gar Stillstand bedeutet Rückschritt, u. a. sind steigende Arbeitslosenzahlen die Folge. Diese Tatsache ist für den Staat äußerst kritisch, da er die wachsende Arbeitslosenzahl durch erhöhte Transferleistungen (Arbeitslosengeld, Sozialhilfe) abfangen muss. Im hier konkret beschriebenen Fall Spanien (gilt gleichermaßen für Griechenland, Italien oder Portugal) bedeutet das, der ohnehin schon hochverschuldete Staat muss zusätzliche Kosten für Transferleistungen stemmen. Gleichzeitig hat er aber mit sinkenden Einnahmen zu tun, da weniger Unternehmen und mehr Arbeitslose zwangsläufig in geringere Steuereinnahmen münden. Es ist also in der Tat ein Teufelskreis, in dem ein solcher Staat steckt. Jetzt ist natürlich die Frage, wenn diese Mechanismen so klar sind, wie kommt es zu einer solchen Situation bzw. wie komme ich wieder aus dem Teufelskreis hinaus?

Die Ursache für das oben beschriebene Szenario liegt eigentlich in einer verfehlten Wirtschaftspolitik des Staates in der Vergangenheit. Staaten, welche in eine derartige Abwärtsspirale geraten, wachsen oft auf „Pump“, d.h. beispielsweise Staaten machen Schulden um große Projekte zu realisieren oder auch ausufernde Sozialleistungen sicherzustellen (aktuell in Griechenland der Fall). Was die Regierungen dabei vergessen ist, die Schulden müssen irgendwann zurück bezahlt werden. Diesem Argument könnte entgegen gehalten werden, dass durch die Realisierung großer Projekte auch Arbeitsplätze geschaffen werden. Diese Argumentation ist sicher richtig, doch wie heißt es so schön „Es kommt auf die Dosierung an“. Zu wenig Investition ist wie wir oben gesehen haben nicht gut, aber nur Investitionen auf Kredit ist genauso schädlich. Einer der unangenehmen Folgen der Globalisierung ist, sie bestraft wirtschaftliches Fehlverhalten sehr schnell und hart. Diese Regel gilt für alle Marktteilnehmer (Staaten, Unternehmen und Haushalte). Im konkreten Falle Spaniens ist es eher weniger die Neuverschuldung mit der sie zu kämpfen haben, es ist vielmehr ein Konzentrationsrisikoproblem. Die spanische Wirtschaft fokussierte sich sehr stark auf Tourismus und Immobilien. Damit setzte man sich dem Risiko aus, dass eine Krise in einem der beiden Sektoren starke gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen (Arbeitslosigkeit, Investitionsmangel) zur Folge hat. Zum Leidwesen der Spanier ist dieses Risiko „schlagend“ geworden und zwar in einer Form, dass nicht nur der Immobiliensektor betroffen ist sondern die gesamte Wirtschaft.

Die Folgen sind für den Staat fatal, der Konsum der Haushalte kommt zum erliegen, da die Leute nur noch das kaufen was sie zum Leben benötigen. Die Unternehmen halten sich mit Investitionen zurück, weil die Kapitaldecke zu dünn ist und sie eine Finanzierung über Banken scheuen. Der Staat selbst, hat mit steigenden Ausgaben infolge der erhöhten Transferleistungen zu kämpfen, bei gleichzeitigem sinken der Steuereinnahmen. Im Ergebnis schrumpft das BIP (Brutto-Inlandsprodukt) dramatisch.

Verwendungsrechnung BIP mit vereinfachten Szenarien

Der Staat steckt in einer Zwickmühle, die er alleine kaum bewältigen kann. Steigert er die Staatsausgaben um Investitionen der Privatwirtschaft zu ersetzten wächst seine Staatsverschuldung weiter. Unternimmt der Staat nichts, bricht seine Wirtschaft zusammen. Lösen lassen sich die akuten Probleme des Staates eigentlich nur durch Hilfe von außen, d.h. z.B. Hilfsgelder von EU, IWF oder Weltbank. Mittelfristig ist dann das Land für ausländische Investoren interessant zu machen, damit neue Arbeitsplätze entstehen und die Privatwirtschaft wieder wachsen kann. Die Folge währe eine Konsumsteigerung (Leute haben mehr Geld durch Arbeit) und dadurch wirdd neues Investitionspotential geschaffen. Gleichzeitig ist der Staat gefordert seine Ausgaben bzw. Investitionen zurück zu fahren um ein sog. „Crowding Out der Privatwirtschaft“ zu vermeiden. Weiterhin sollte mit der wachsenden Wirtschaft nicht gleich Steuersenkungen einhergehen. Für den Staat ist jetzt die Zeit gekommen, bestehende Verbindlichkeiten ab zu bauen um sich „Luft“ für schwächere Phasen zu verschaffen. Salopp und mathematisch gesprochen ist das Leben eine Sinuskurve auch für Staaten.