Der EU-Wirtschaftskommissar Olli Rehn veröffentlichte am 5.11.2013 die Konjunkturprognose der Eurozone für 2014. In diesem Zusammenhang wurde die Wachstumsprognose 2014 für den Euroraum um 0,1 % nach unten, auf  1,1 % korrigiert. Darüber hinaus gab Rehn bekannt, dass die Eurowirtschaft 2013 wohl um rund 0,4 % schrumpfen wird. Verantwortlich für den Wirtschaftsrückgang 2013, sind laut Rehn die schwache EU-Binnennachfrage und die schwächelnden  Konjunkturen der Schwellenländer (bspw. Indien, China). Trotz der leichten Erholung 2014 rechnet Rehn mit Arbeitslosenzahlen auf „nicht hinnehmbaren“ Niveau. In diesem Zusammenhang kritisierte die EU – u.a. Wirtschaftskommissar Rehn das hohe Exportniveau der Bundesrepublik Deutschland und forderte zu gleich die Bundesregierung zur Ausweitung der Binnennachfrage auf. Eine Woche später bekräftigte EU-Kommissionspräsident Barroso die Forderung Rehn’s gleich doppelt. Einmal dadurch, dass er eine Untersuchung der starken Exportüberschüsse Deutschlands durch die EU-Kommission ankündigte und des Weiteren die Forderungen von Wirtschaftskommissar Rehn bekräftigte und Deutschland aufforderte mehr für die Binnennachfrage zu tun.

Was ich an diesen Aussage interessant finde ist die Tatsache, dass der zuvor hochgelobte „Wachstumsmotor“ Deutschland jetzt für seine Exportüberschüsse getadelt wird. Zugleich fordern Rehn und Barroso die Bundesregierung auf, die Binnennachfrage „anzukurbeln“. Was dabei nicht gesagt wird, ist das die EU-Kommission keineswegs die Binnennachfrage der Bundesrepublik Deutschland meint, sondern die Binnennachfrage der EU. Dadurch erhofft sich die EU positive Impulse auf die Konjunktur der EU-Krisenländer, sowie einen Abbau der hohen Arbeitslosigkeit in selbigen. Meines Erachtens ist es jedoch ein Irrweg zu glauben, dass Deutschlands starke Exportüberschüsse und die „schwächelnde“ Binnennachfrage ursächlich für die wirtschaftlichen Probleme der EU und er Eurozone sind.  Es ist vielmehr ein Beweis für die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen auf dem internationalen Markt und sollte als Beispiel und Ansporn für andere Länder und deren Unternehmen dienen. Die Vorwürfe der EU-Kommission senden zudem ein falsches Signal, sie erwecken damit den Eindruck, dass Deutschland mitverantwortlich für die strukturellen Probleme der „kriselnden“ Länder ist. Die Fakten, dass in Ländern wie Frankreich und Griechenland falsche wirtschaftspolitische Entscheidungen der Vergangenheit für Probleme verantwortlich sind, rücken in den Hintergrund. Im Zusammenhang mit wirtschaftlichem Fehlverhalten ist Spanien eines meiner Lieblingsbeispiele. In  der fünftgrößten Volkswirtschaft der EU steht ist geprägt von der  Tourismus- und Bauindustrie. Die spanische Wirtschaft kann man sich im Grunde bildlich wie ein Tisch mit zwei Tischbeinen (Tourismus, Bau) vorstellen. Dieser steht nur stabil, wenn beide Tischbeine stark genug sind die Tischplatte (Konjunktur/Wirtschaft) im Gleichgewicht zu halten. Mit anderen Worten, kommt es in Spanien zu einer Krise in der Bau- oder Tourismusbranche kommt es zu gesamtwirtschaftlichen Problemen (der Tisch fällt um oder gerät in Schieflage). Spanien ist nach meiner Ansicht, neben Irland, auch ein positives Beispiel für erfolgreiche Strukturreformen und das Bemühen sich weitestgehend selbst aus der Wirtschaftskrise zu manövrieren. Dokumentiert wird dies durch das Verlassen des Eurorettungsschirms am 15.Dez. 2013 (Irland) bzw. Anfang 2014 (Spanien). Dies sind für Spanier und Iren lediglich Etappenerfolge auf einem langen steinigen Weg zu stabilen wirtschaftlichen Verhältnissen. Jedoch entlarven die Erfolge aus Spanien und Irland die Kritik an der deutschen Wirtschaftspolitik, durch die EU-Kommission als haltlos. Die Vorwürfe aus Brüssel wirken auf mich eher wie eine letzte Verteidigungsbastion eigenes Fehlverhalten zu kaschieren.

barroso Zusammenfassend ist es für mich nicht nachvollziehbar, warum Deutschland mit seinen starken Exporten für die EU-Krise verantwortlich sein soll. Eine Rückführung der Exporte zugunsten der EU-Binnennachfrage würde m.E. zu Arbeitsplatzverlusten, nicht nur in Deutschland, führen. Es würde  vor allem die Zulieferindustrie treffen, welche oftmals in anderen EU Staaten angesiedelt ist, wenn Deutschland seine Exporte zurückfahren müsste. Beste Beispiele dafür, dass deutsche Wirtschaftspolitik  nicht der Grund für die konjunkturellen Probleme der Krisenstaaten ist, sind Spanien und Irland. Beide Länder haben es „trotz“ der hohen deutschen Exportüberschüsse geschafft, sich aus den Zwängen des Rettungsschirms, durch entsprechende Reformen, zu befreien.
Die Aussagen von Olli Rehn und die Ankündigung von Barosso ein Untersuchungsverfahren gegen Deutschland einzuleiten, sendet zudem ein gefährliches Signal. – Richtige, vernünftige Wirtschaftspolitik wird im Zweifel bestraft und wirtschaftliches Fehlverhalten belohnt – Ein Spiegelbild unserer Zeit?